<< voriges Bild Zur Übersicht nächstes Bild >>


Dömitz
Vergittert, verrostet, vergessen, verrechnet.
45 Jahre lang hat sich die Bewahrung dieses Denkmals gerechnet.
Aber nun wird es bald abgerissen werden. Es rostet überall, und irgendwann wird es einstürzen. Es erfüllt ja selbst heute kaum die baupolizeilichen Auflagen. Das Gitter und der Stacheldraht, der die örtlichen, in jugendlichem Ungestüm darauf herumturnenden Rabauken vor ihrem sicheren Ende, einem tiefen Sturz oder gar vor ein paar an den rostigen Eisenteilen zugezogenen eitrigen Wunden schützen soll, kostet jedes Jahr mehr Unterhalt, als wir aus der Zonenrandgebietförderung bekommen. Tja, hier im Westen wird eben für uns Menschen gesorgt. Und wenn der ausjugendschutzgründennotwendigerweisenichtzuvermeidende Abbruch eben nicht mehr zu vermeiden ist, dann findet er eben statt. Manchmal muss man eben die Brücken abbrechen! Vor oder hinter sich... 
<pfrzt>
"Das blaue Wunder" (Für die Deutschlandnichtkenner unter uns: Eine Brücke in Dresden, quasi DIE Brücke in Dresden) hat ja auch nur in einem Sprichwort überlebt. "Blaues" Wunder deswegen, weil ein Malergeselle des ausgehenden 19. Jahrhunderts leider nur die Schweinefarbe, die ihm sein Meister mitgegeben hat, und die dieser für teures Geld bei der Farbenfabrik kaufen musste (IG-Farben?), auf die Brücke schmieren konnte.  Wahrscheinlich waren die Herren Fabrikanten der Farbe aber just zu dieser Zeit nicht um die Qualität ihrer Waren bekümmert, und scherten sich einen Dreck um die Lichtechtheit ihrer Produkte. Nun waren sie aber selbst darin nicht konsequent, sondern machten es mal so, mal so, das Blau lichtecht und das Gelb nicht. Grün minus Gelb macht ein blaues Wunder. 
Naja, vermutlich wunderten sich die Leute damals noch darüber, hatten sie doch allesamt weder Goethes Farbenlehre gelesen noch in der 6. Klasse gelehrte Lehrer darüber sprechen hören. Das "Wunder" ist ja aber, dass das "blaue Wunder" "im Krieg" nicht zerstört wurde. Weil ein Paar tapferer Dresdener, unabhängig voneinander, ihr Leben einsetzten, um die bereits vorbereiteten Sprengkabel zu kappen! 
Welche Helden! Welch ein Wunder! Sie wurden zu Ehrenbürgern der Stadt ernannt!
Über die Dömitzer Brücke hingegen ist kein Russ'  in unser heilig Vaterland eingefallen!
Sie wurde rechtzeitig von aufrechten Volksgenossen gesprengt!
Die sich nicht so feige an 'ihrrree klaiinne Heimatstatttt' klebten, sondern rechtzeitig den weiten Duft von Coca-Cola und Hamburgern rochen!

Idioten hüben wie drüben.
Da nützt kein Zaun nichts, und auch keine Mauer.
Deutschland, einig Vaterland...
 

doemitz_006.jpg

 

Nachtrag:

Das 'blaue Wunder'
Für die Deutschlandnichtkenner: Das 'blaue Wunder' in Dresden. "Wieso blau?" werdet ihr euch fragen. 'Dunkelgrau auf  Hellgrau' trifft es eher. Obwohl, mit dem blossem Auge und nicht durch das Objektiv einer Kamera an einem bedeckten Tag betrachtet, wirkt der Anstrich tatsächlich leicht bläulich. Man hat sich halt Mühe gegeben mit den späteren Anstrichen, hätte man spätere Anstriche unterlassen, dann müssten wir heute von einem 'rostrotem Wunder' wie in Dömitz sprechen. Und das wiederum beeindruckt mich zutiefst. Eigentlich sollte die Brücke doch grün sein, und nun wird dieser Patzer der Farbenfabrikanten wahrscheinlich bis in alle denkmalsschutzmögliche Ewigkeit bereits von vornherein repliziert werden. Natürlich kenne ich mich in der Dresdener Lokalpolitik nicht aus, aber wenn irgendjemand etwas von Plänen weiss, das 'blaue Wunder' endlich wieder in Originalgrün zu streichen, dann lasse er mich es bitte wissen. Ich halte diesen Gedanken für in Deutschland undenkbar. Und ausserdem müssten dann die Dresdener Stadtführer sämtlichen Touristen erklären, warum das 'blaue Wunder' grün ist. 
Und sowas kann ein Stadtführer per se nicht leisten. Dazu bedürfte es zumindest einer Staatsgewalt, oder besser einer Religion!


<< voriges Bild Zur Übersicht nächstes Bild >>