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In der Schweiz sind die Dinge
geregelt. Während hierzulande ein Schild mit der Aufschrift
'Parken nur für Mieter' oder 'Parken nur für Kunden von XYZ',
gegebenenfalls durch ein Schild mit einem stilisierten Abschleppwagen
und der Aufschrift 'Fremdparker werden kostenpflichtig abgeschleppt'
bekräftigt, ausreicht, um Parkplatzfrevler von ihrem schändlichen Tun
abzuhalten, bedarf es bei den Eidgenossen eines 'Richterlichen
Verbotes'. Die Gerichtspräsidentin (II) Frau Bindschedler-v.Graffenried
(Nein, ich erspare mir hier die abgegriffene Witzelei über Frauen
mit bandwurmartigen Bindestrichnamen in öffentlichen Ämtern) belegt
also die Liegenschaft (Normale Menschen würden 'das Grundstück'
sagen, aber irgendwie muss sich der Jurist ja vom gemeinen Volk abheben)
des Herrn Bernhard mit einem Verbot, einem Pharao gleich, der seine
Grabstätte mit einem Fluch belegt. Es ist also 'Drittpersonen' (Hier
befällt mich Stirnrunzeln. Davon ausgehend, dass Herr Bernhard die
Erstperson ist und ein 'Fremdparker' eine Drittperson sein soll, bleibt
die Frage offen, wer denn die Zweitperson ist. Wahrscheinlich wird auch
dies eines der streng gehüteten Juristengeheimnisse bleiben) das
'unbefugte Betreten und Befahren sowie überhaupt jede Besitzstörung',
insbesondere aber das Parkieren (so putzig das auch für (nord-)deutsche
Ohren klingen mag, in der Schweiz heisst das Parken wirklich so, und
keiner findet was dabei) verboten. So, als ob man beim Parkieren
nicht ohnehin das Grundstück zuerst befahren, dann betreten, dann durch
das im Weg herumstehende Auto stören, hernach wieder betreten und dann
befahren würde. Auf dem Grundstück 'rumfahren, 'rumlaufen und
'rumstören ist also verboten, besonders verboten ist es aber, wenn man
es zum Zwecke des Parkierens tut. Nun gut, wird man sagen, wenn es dem
Herrn Bernhard denn stört, ist es ja sein gutes Recht, das zu
verbieten. Ist ja schliesslich sein Grundstück, kann er ja mit machen
was er will. Nun verbietet aber nicht der Herr Bernhard das
Parkieren, sondern er lässt verbieten, wie aus der Tafel zu entnehmen
ist, nämlich vom Gericht (genauer gesagt: von der unterzeichneten
Gerichtspräsidentin, deren Namen ich aus Zeitgründen hier nicht noch
einmal niederschreiben möchte). Entweder ist Herr Bernhard ein
unscheinbares, kleines Männlein, dessen Verbot ohne richterlichen
Nachdruck niemand Ernst nehmen
würde, oder aber ein reicher, mächtiger Mann, der es gar nicht mehr
nötig hat, selbst zu verbieten, sondern es sich leisten kann, andere
für sich verbieten
zu lassen. So wie ein Arbeitgeber es ja auch nicht mehr nötig hat,
selbst zu arbeiten und andere das für sich erledigen lässt. Das wäre
eine logische Erklärung, wenn, ja, wenn... Wenn die Tafel nicht
unterzeichnet wäre mit 'Der Verbotnehmer' Rudolf Bernhard, was
an sich ja ganz schlüssig ist, denn er lässt lässt sich ein Verbot anfertigen, nimmt(!) es
dann und hängt es an seinen Hof. Müsste dann aber der Arbeitgeber
nicht auch eigentlich Arbeitnehmer heissen, nimmt er doch die Arbeit
seiner Arbeiter und Angestellten, um daraus Kapital zu schlagen?
Ich muss an dieser Stelle eindringlich auf die Gefahren der Lektüre
juristischer Texte für Nichtjuristen hinweisen! Sie verwirren das
Denken und erweichen das Gehirn, so dass jegliche Logik und gesunder
Menschenverstand abhanden kommen, wie man an obigem Text deutlich sehen
kann. Die metalogische Welt der Juristen ist für jemanden, der nicht
mit den Lehren und Initiationsriten eines zwanzigsemestrigen
Jurastudiums geweiht ist, völlig unzugänglich und jeder Kontakt damit
ist höchst gefährlich, genau wie es für den religiös Nichtgeweihten
lebensgefährlich ist, einen Exorzismus durchführen zu wollen. Deshalb
werden die juristischen Schriften bei uns in abstossend dicken Büchern
mit angsteinflössenden Titeln oder verschlossenen Aktenschränken
verwahrt. In der Schweiz hingegen, und das ist der eigentliche Grund
meiner Empörung, hängen diese öffentlich sichtbar aus. Dabei ist das
Anwesen des Herrn Bernhard durchaus kein Einzelfall, zumindest für die
Gemeinde Worb bei Bern kann ich bezeugen, dass an nahezu jedem
Grundstück eine ähnlich Tafel angebracht ist. Nun wird der Schweizer,
der von Geburt an diesen Anblick gewohnt ist, niemals auf die Idee
kommen, diese Tafeln zu lesen, gehören sie doch zur natürlichen Umwelt
wie Lebensmittelverpackungen oder das Kleingedruckte von Verträgen, die
ja auch niemand durchliest. Allein dem Reisenden aus der Fremde fällt
es ein, voller Neugier die rätselhaften Inschriften zu lesen. Sollte
man also einmal in der Schweiz einen Menschen sich vor einer Hofeinfahrt
in konvulsivischen Krämpfen winden sehen, das Gesicht zu einem
sardonischen Grinsen verzerrt, die Augen seelen- und hirnlos leer, dann
handelt es sich höchstwahrscheinlich nicht um den Dorfnarren, der
wieder mal einen seiner Anfälle hat, sondern um einen harmlosen
Ausländer, den beim Versuch des Falschparkierens der Fluch der
Bindschedler-v.Graffenried (gemäss Art.118 EG z. ZGB) niedergestreckt hat.
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