Goldener Herbst

(Ulrich Roski)
Da bist du nun wieder, du Maler, du Herbst,
der du Wald und Flur so malerisch färbst.
Du machst dich zum Narren bei Menschen und Tieren,
weil du glaubst, du musst dauernd den Wald renovieren.

Durch Felder und Wiesen da sieht man dich hasten
mit Bürsten und Besen und Pinseln und Ouasten.
Und pflegt man der Liebe in lauschigen Büschen,
funkst du immer mit deinem Pinsel dazwischen.

Das Baden im Freien kann niemand mehr reizen.
In dumpfer Verzweiflung beginnt man zu heizen.
Beim ersten Versuch wirds im Zimmer gleich duster.
Der Ofen ist völlig verstopft, und jetzt rußt er.

Am Morgen schläft man in himmlischem Frieden,
denn die Vögel verziehn sich zum Glück in den Süden,
Kranich und Möwe, Amsel und Spatz:
Na endlich wird auf'm Balkon wieder Platz.

Manch Muttchen pilgert in Nebel und Regen
zum Friedhof, die Gräber der Lieben zu pflegen.
Hantiert behende mit Harken und Kannen
und bedeckt den Toten mit Bergen von Tannen,
damit er den Winter schön warm übersteht.
Dazu ist es jetzt vielleicht etwas zu spät.

Man sieht Autofahrer den Hammer ergreifen.
Und sie schlagen geduldig die Spikes in den Reifen.
Und nachher sagt die Gattin, als wenn es ein Witz ist:
"Du, da unten im Gummi, da steckt ja was Spitzes!"
Und der Herbst streicht pinselnd durch die Natur..
Streich doch lieber bei mir zu Hause den Flur!

Oh Herbst, der in nächtlichen Stürmen du tobst.
du bringst Äpfel und anderes billiges Obst.
Du bringst den Nebel, du bringst auch den Niesel,
und der feine Mann tankt wieder Heizöl statt Diesel.
Du bringst das Rheuma, denn überall zieht es,
und so bringst du uns auch eine satte Bronchitis.
Mit dem letzten Husten ruf ich dir zu:
Goldener Herbst, ein schöner Pinsel bist du!

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